Zurück zur Übersicht
Mehr Solarstrom, weniger Bürokratie – Was das Solarpaket I für PV-Anlagen bedeutet
Veröffentlicht
21.2.2025
Autor
Louisa Knoll

Das Solarpaket I, verabschiedet am 26. April 2024 und in Kraft getreten am 16.5.2024, markiert einen bedeutenden Schritt für den Ausbau von Photovoltaik (PV) in Deutschland. Das umfassende Gesetzespaket soll bürokratische Hürden abbauen, Investitionen in Solaranlagen attraktiver machen und die Nutzung von PV-Technologien in verschiedenen Bereichen erleichtern – von Gewerbe- und Wohngebäuden bis hin zu Freiflächenanlagen.
Die Maßnahmen sind Teil der deutschen Strategie zur Erreichung der ehrgeizigen Klimaziele gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023. Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch auf 80 % steigen, mit dem langfristigen Ziel einer weitgehend klimaneutralen Energieversorgung bis 2035. Dafür ist ein starker PV-Ausbau entscheidend: Ab 2026 sind jährliche Zubauleistungen von 22 Gigawatt (GW) geplant.
Im Folgenden betrachten wir die wichtigsten Änderungen für PV-Dachanlagen und geben einen strukturierten Überblick.
Mehr Photovoltaik auf Gewerbedächern – Neue Maßnahmen für mehr Attraktivität und Flexibilität
Gewerbedächer bieten enormes Potenzial für die Solarstromproduktion. Um ihre Nutzung zu erleichtern und sie wirtschaftlich attraktiver zu machen, bringt das Solarpaket I verschiedene Neuerungen mit sich:
1. Höhere Förderung für größere PV-Dachanlagen
- Anlagen ab 40 kW erhalten 1,5 ct/kWh mehr Förderung.
- Ziel: Ausgleich gestiegener Bau- und Kapitalkosten.
2. Mehr Ausschreibungsvolumen für große Dachanlagen
- Ab 2026 steigt die Ausschreibungsmenge für große PV-Dachanlagen auf 2,3 GW pro Jahr.
3. Pflicht zur Ausschreibung ab 750 kW
- Nach einer Übergangsfrist von einem Jahr wird die Ausschreibungsgrenze auf 750 kW gesenkt.
- Ziel: Wettbewerbliche Preisbildung in diesem Segment fördern.
4. Erleichterte Direktvermarktung
- Betreiber von PV-Anlagen bis 200 kW können überschüssigen Strom künftig ohne Vergütung, aber auch ohne Direktvermarktungskosten an den Netzbetreiber abgeben.
- Das entlastet vor allem Anlagen mit hohem Eigenverbrauch, für die sich eine Direktvermarktung bisher nicht lohnte.
5. Weniger Bürokratie durch vereinfachte Zertifizierung
- Für Anlagen bis 500 kW installierter Leistung oder 270 kW Einspeiseleistung entfällt das aufwändige Anlagenzertifikat.
- Stattdessen reicht ein einfaches Einheitenzertifikat → Weniger Kosten, weniger Bürokratie.
6. Änderungen bei der Zusammenfassung von Anlagen
Bisher wurden mehrere PV-Anlagen, z.B. auf benachbarten Gebäuden, unter bestimmten Bedingungen als eine einzige Anlage betrachtet – mit strengen technischen Anforderungen, die eigentlich nur auf größere Anlagen zutreffen. Dies betrifft nicht nur Gewerbe, sondern gilt auch für private Anlagen, wo beispielsweise eine weitere Anlage auf der Garage installiert wurde.
Neu:
- Dachanlagen mit unterschiedlichen Netzanschlusspunkten werden nicht mehr automatisch zusammengefasst.
- Ganz ausgenommen werden Bürgerenergiegesellschaften & Balkon-PV: Diese Anlagen sind von der Zusammenfassungs-Regelung ausgenommen → Erleichtert den Ausbau.

Photovoltaik auf Wohngebäuden erleichtern und Mieterstrom stärken
Erweiterung des Mieterstrommodells
- Ausweitung auf Gewerbe und Nebenanlagen: Das Mieterstrommodell wird zukünftig auch auf gewerbliche Gebäude und Nebenanlagen wie Garagen ausgeweitet, sofern der Stromverbrauch ohne Netzdurchleitung erfolgt.
- Vermeidung übermäßiger Anforderungen: Durch die Anpassung der Regelungen zur Anlagenzusammenfassung werden übermäßige technische Anforderungen im Mieterstrommodell vermieden, die bisher insbesondere Quartierslösungen erschwert haben.
- Förderung für Gewerbe und Nicht-Wohngebäude: Die Förderung durch den Mieterstromzuschlag gilt somit auch für Gewerbe und Nicht-Wohngebäude.
⇒Erfahre alles über Mieterstrom
Einführung der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (GGV)
Ein neues, bedeutendes Modell, das mit dem Solarpaket I eingeführt wurde, ist die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (GGV). Dieses Modell vereinfacht und entbürokratisiert die Verteilung von PV-Strom innerhalb eines Gebäudes, beispielsweise an Wohnungseigentümer oder Gewerbemieter. Bestehende regulatorische Hürden, wie Lieferantenpflichten, werden weitgehend abgebaut, und Betreiber von PV-Anlagen sind nicht mehr verpflichtet, eine Reststromversorgung sicherzustellen - wie z.B. im Mieterstrommodell.
Was bedeutet das?
- Lieferantenpflichten: Bisher mussten Betreiber von PV-Anlagen, die Strom an andere im Gebäude weitergeben, bestimmte Pflichten erfüllen, die normalerweise für Stromversorger gelten. Diese Pflichten entfallen hier weitgehend.
- Reststromversorgung: Die Betreiber mussten bisher sicherstellen, dass die Abnehmer auch dann mit Strom versorgt sind, wenn die PV-Anlage gerade keinen Strom produziert (z.B. nachts oder bei schlechtem Wetter). Diese Pflicht entfällt nun ebenfalls.
Im Unterschied zum klassischen Mieterstrommodell, das weiterhin besteht, gibt es für in der GGV keine zusätzliche EEG-Förderung (Mieterstromzuschlag). Jedoch werden die ins öffentliche Netz eingespeisten Überschussmengen weiterhin nach dem EEG vergütet.
⇒Erfahre mehr über die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung
Erleichterungen für Balkon-PV-Anlagen
Balkon-Solaranlagen sollen einfacher in Betrieb genommen werden können. Dafür entfallen mehrere bürokratische Hürden:
- Die vorherige Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt.
- Die Registrierung im Marktstammdatenregister wird auf ein einfaches Online-Formular reduziert.
- Rückwärtsdrehende Stromzähler werden vorübergehend geduldet, bis moderne Zweirichtungszähler installiert sind.
- Die Nutzung von handelsüblichen Steckdosen wird geprüft, wobei technische Normen derzeit von der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE) im VDE überarbeitet werden.
Weitere Optimierungen für PV-Anlagenbetreiber
Unbürokratische Abrechnung von Wechselrichterstrom
Bisher mussten für den minimalen Stromverbrauch von Wechselrichtern oft separate Stromlieferverträge abgeschlossen werden, was zu unverhältnismäßigen Kosten führte. Künftig kann dieser Verbrauch einfach über bestehende Stromlieferverträge abgerechnet werden.
Repowering bestehender Dachanlagen erleichtern
Mit den neuen Regelungen des Solarpakets I wird die Modernisierung von Photovoltaikanlagen auf Dächern deutlich vereinfacht. Während es bisher nur in Ausnahmefällen möglich war, bestehende Anlagen technisch aufzurüsten, ist es nun erlaubt, ältere Module durch moderne, leistungsfähigere Varianten zu ersetzen, ohne dass ein Schadensfall vorliegen muss. Dadurch kann der Energieertrag erheblich gesteigert werden, während gleichzeitig bereits vorhandene Strukturen weiter genutzt werden.
- Höherer Flächenwirkungsgrad: Neue PV-Module sind deutlich effizienter und können bis zu 15 % mehr Ertrag aus der gleichen Sonneneinstrahlung gewinnen.
- Nutzung bestehender Infrastruktur: Oft kann die Unterkonstruktion weiterverwendet werden, was Investitionskosten senkt.
- Mehr Leistung mit weniger Modulen: Aufgrund der höheren Effizienz moderner Module kann die ursprüngliche Nennleistung mit einer geringeren Anzahl an Modulen erreicht werden.
Während der Repowering-Ansatz im Windkraftsektor bereits etabliert ist, war er bei PV-Dachanlagen bislang stark eingeschränkt. Mit den neuen Regelungen des Solarpakets 1 eröffnet sich nun ein neues Marktsegment, das insbesondere für Gewerbe- und Landwirtschaftsbetriebe attraktiv ist.
- Attraktive Perspektiven für Investoren: Betreiber bestehender Anlagen können ihre Flächen wirtschaftlicher nutzen, während Energieunternehmen neue Geschäftsmodelle entwickeln können.
- Zusätzliche Nutzung von Dachflächen: Freigewordene oder ungenutzte Flächen können für eine zweite PV-Anlage verwendet werden, die entweder als Volleinspeiseanlage oder als Überschuss-Einspeiseanlage betrieben werden kann.
- EEG-Vergütung bleibt erhalten: Die alte Photovoltaik-Anlage kann mit neuen Modulen bestückt werden, wobei die alte EEG-Vergütung über die Restlaufzeit beibehalten wird. Dies gilt jedoch nur für die Kilowatt-Nennleistung der Altanlage.
Vereinfachte Direktvermarktung für kleine Anlagen
Für PV-Anlagen bis 25 kW werden die Anforderungen an die technische Ausstattung in der Direktvermarktung gelockert. Dadurch wird es für kleine Betreiber wirtschaftlich attraktiver, sich für eine Direktvermarktung zu entscheiden.
Verlängerte Marktintegration ausgeförderter PV-Anlagen
PV-Anlagen, die keine EEG-Förderung mehr erhalten, können weiterhin Strom zum Marktwert einspeisen. Diese Regelung wird um fünf Jahre verlängert, um den Weiterbetrieb alter Anlagen zu sichern.
Schnellere Rückzahlung von Ausschreibungssicherheiten
Um die Liquidität von Projektentwicklern zu verbessern, wird festgelegt, dass hinterlegte Sicherheitsleistungen spätestens drei Monate nach Inbetriebnahme der PV-Anlage zurückgezahlt werden müssen.
Förderung von PV-Anlagen auf Gebäuden im Außenbereich wird ausgeweitet
Die Förderung von Photovoltaikanlagen auf Gebäuden im Außenbereich wird durch das Solarpaket I erweitert.
- Förderung: PV-Anlagen auf Dächern bestehender Gebäude im Außenbereich werden gefördert.
- Stichtag: Gebäude, die vor dem 1. März 2023 errichtet wurden, sind förderfähig.
- Ausnahme: Neubauten im Außenbereich, die ausschließlich für PV-Anlagen errichtet werden sollen, sind weiterhin nicht förderfähig.
Weitere Maßnahmen des Solarpakets I
Das Solarpaket I bringt nicht nur Erleichterungen für Photovoltaikanlagen auf Dächern, sondern enthält auch weitreichende Änderungen für den Ausbau erneuerbarer Energien insgesamt. Dazu zählen Regelungen zur Freiflächen-Photovoltaik, zur Wind- und Biomassekraft sowie zur Netz- und Speicherinfrastruktur.
Alle detaillierten Informationen zu den Änderungen im Solarpaket I sind im offiziellen Überblick des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nachzulesen: ⇒Hier geht es zum Dokument.
Quellen:
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) (2024): Solarpaket I: Erleichterungen und neue Chancen für die Photovoltaik. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/solarpaket-1.html
Meyer-Delpho, F., & Treptow, T. (2024): Neue Chancen für Gewerbeanlagen mit Repowering: Effizienz und Erträge von Photovoltaik-Anlagen steigern. PV Magazine. https://www.pv-magazine.de/2024/10/22/neue-chancen-fuer-gewerbeanlagen-mit-repowering-effizienz-und-ertraege-von-photovoltaik-anlagen-steigern/
Was ist das Solarpaket I und seit wann gilt es?
Das Solarpaket I ist ein Gesetzespaket zur Förderung der Photovoltaik in Deutschland. Es wurde am 26. April 2024 verabschiedet und trat am 16. Mai 2024 in Kraft.
Welche Neuerungen gibt es für PV-Dachanlagen im Gewerbebereich?
Was bedeutet Repowering für bestehende PV-Dachanlagen?
Durch das Solarpaket I ist es jetzt einfacher, alte Module durch leistungsfähigere neue Module zu ersetzen, ohne dass ein Schadensfall vorliegen muss. Dabei bleibt die bestehende EEG-Vergütung für die bisherige Leistung erhalten.
Wie werden Balkon-PV-Anlagen vereinfacht?
Gibt es Erleichterungen bei der Direktvermarktung?
Ja, für PV-Anlagen bis 25 kW wurden die technischen Anforderungen in der Direktvermarktung gelockert, sodass sich die Direktvermarktung auch für kleinere Anlagen zunehmend lohnt.
Jetzt im metergrid Newsletter anmelden