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Wechselprozesse im Mieterstrom 2025: Ein großer Schritt Richtung Standardisierung
Veröffentlicht
9.12.2024
Autor
Louisa Knoll
Mieterstrommodelle sind eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende in urbanen Gebieten. Sie ermöglichen es Bewohnern von Mehrfamilienhäusern, direkt von Solarstrom, der vor Ort durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt wird, zu profitieren. Das senkt nicht nur Netzentgelte und Gebühren, sondern reduziert auch CO₂-Emissionen deutlich. In Zeiten, in denen die Solaranlage nicht genug Strom liefert – etwa nachts oder bei schlechtem Wetter – wird zusätzlich Strom aus dem Netz bezogen. Dieser kommt in der Regel aus dem allgemeinen Strommix. Insgesamt fördern Mieterstromprojekte die Energieunabhängigkeit vor Ort und tragen aktiv dazu bei, den Einsatz fossiler Energien zu verringern.
Trotz dieser Vorteile gibt es organisatorische Herausforderungen, besonders beim Wechsel des Mieters oder Energieversorgers. Anders als im regulären Energiemarkt fehlten bisher einheitliche und standardisierte Abläufe. Das soll sich 2025 mit der neuen Version des Anwendungshandbuchs Strom (AHB Strom 2.1). Mit dem bereits eingeführten zentralen UTILMD-Datenformat wird der Austausch von Verbrauchs- und Abrechnungsdaten automatisiert. Diese neuen Vorgaben, die auch die ab 2025 eingeführte Smart-Meter-Pflicht berücksichtigen, gelten für Mieterstromprojekte mit physischen und virtuellen Summenzählern. Damit wird der Mieterstrom nicht nur effizienter und skalierbarer, sondern auch generell attraktiver – sowohl für Betreiber als auch für Mieter.
Welche Vorteile die neuen Standards konkret bringen und wie sie die Branche verändern, wollen wir in diesem Artikel beleuchten.
Herausforderungen bisher: Warum der Wechsel im Mieterstrom komplizierter war als nötig
Ein Kundenwechsel im Mieterstrom tritt ein, wenn ein Mieter einzieht, auszieht (bzw. bei einem bestehenden Mieterstrommodell ein- oder aussteigt) oder den Anbieter wechselt. Dabei müssen Verbrauchsdaten übermittelt, Verträge angepasst und Zählerstände korrekt abgerechnet werden. Im normalen Energiemarkt ist der Wechsel von einem Anbieter zum anderen durch standardisierte Prozesse geregelt. Im Unterschied zum regulären Strommarkt waren Wechselprozesse im Bereich Mieterstrom bisher mit erheblichen organisatorischen und technischen Hindernissen verbunden:
- Individuelle Lösungen: In der Praxis variieren die Anforderungen je nach Netzgebiet und eingesetztem Messkonzept erheblich. Ein einheitlicher Standard fehlte, was zu individuellem bilateralen Abstimmungsaufwand via E-Mail mit dem Netzbetreiber führte. Dies sorgt für Unsicherheit bei Betreibern und verlangt einen hohen Abstimmungsaufwand zwischen den Akteuren.
- Manuelle Abläufe: Viele Vorgänge, wie die Übergabe von Verbrauchsdaten oder die Zuordnung neuer Mieter, erfordern manuelle Eingriffe. Dies führt zu zeitlichen Verzögerungen und macht den Prozess fehleranfällig.
- Lange Bearbeitungszeiten: Ohne klare Regelungen ziehen sich Wechselprozesse aktuell noch oft über mehrere Monate hin. Dies beeinträchtigte die Zufriedenheit der Mieter und erhöht die Verwaltungskosten für Betreiber.
Warum sind standardisierte Wechselprozesse wichtig?
Effiziente Wechselprozesse bilden das Rückgrat jedes Mieterstromprojekts. Sie stellen sicher, dass:
- Kundenzufriedenheit steigt: Je unkomplizierter die Abwicklung, desto zufriedener sind die Bewohner.
- Skalierbarkeit ermöglicht wird: Betreiber können mehr Projekte umsetzen, da der administrative Aufwand deutlich sinkt.
- Die Energiewende vorangetrieben wird: Reibungslose Abläufe machen Mieterstrom für eine breitere Zielgruppe zugänglich und attraktiver.
Neue Standards für Mieterstrom: Das bringt die Version 2.1 des AHB Strom
Mit der Version 2.1 des Anwendungshandbuchs Strom (AHB Strom) wird erstmals eine klare und einheitliche Standardisierung für die Wechselprozesse im Mieterstrom eingeführt. Diese Prozesse werden 2025 eingeführt und sollen sicherstellen, dass sowohl der Einzug als auch der Auszug eines Mieters innerhalb von Mieterstrommodelle effizient und automatisiert abgewickelt werden können. UTILMD, kurz für Utilities Master Data, bildet hierbei ein Element - die Marktkommunikation. Es handelt sich um ein standardisiertes Datenformat, das den reibungslosen Austausch von Informationen zwischen Marktakteuren wie Netzbetreibern, Messstellenbetreibern und Lieferanten ermöglicht.
Diese Neuerung umfasst mehrere wesentliche Aspekte:
Smart-Meter-Pflicht
Ab 2025 wird der Einsatz von Smart Metern in Mieterstromprojekten verpflichtend, insbesondere für Summenzähler und Erzeugerzähler. Diese ermöglichen eine präzise Messung und Abrechnung des Energieverbrauchs und der Erzeugung in Echtzeit. Bei Verbrauchszählern gilt eine Pflicht nur für Mieter mit einem Jahresstromverbrauch über 6.000 kWh – oder bei Nutzung des virtuellen Summenzählermodells, bei dem alle Verbrauchszähler Smart Meter benötigen. Erfahre mehr über die Smart-Meter-Pflicht ⇒
Einheitliche Prozesse
Die neuen Vorgaben gelten für alle Mieterstromprojekte, jedoch unabhängig davon, ob diese mit physischen Summenzählern oder virtuellen Zählern arbeiten.
Praxisbeispiele: Wie die neuen Standards Ein- und Auszüge handhaben
Beispiel 1: Einzug oder Eintritt eines neuen Mieters in ein bestehendes Mieterstrommodell
Anwendungsfall: AHB 2.1 - 5.4.2.
Bei einem Einzug in ein Gebäude mit Mieterstrom wird der neue Mieter automatisch in das Mieterstromsystem eingebunden. Das UTILMD-Format ermöglicht dabei die genaue Zuordnung der Verbrauchsdaten zur neuen Marktlokation. Im Detail umfasst der Prozess folgende Schritte:
- Zuordnung der Marktlokation: Der Lieferant beantragt beim Netzbetreiber die Zuordnung der Marktlokation des neuen Mieters zu einer bestehenden, sogenannten „ruhenden Marktlokation“, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
- Automatisierte Kommunikation: Die Zuordnung und Strukturierung der Marktlokationen erfolgt über UTILMD-Nachrichten. Der Netzbetreiber teilt dem Lieferanten und dem Messstellenbetreiber die Anpassungen in der Lokationsstruktur mit und aktualisiert die Berechnungsformel.
- Abrechnung und Verbrauchsdaten: Der neue Mieter wird automatisch in das Abrechnungssystem des Lieferanten integriert, wobei alle Datenströme nahtlos übertragen werden.
Beispiel 2: Auszug oder Austritt eines Mieters aus dem Mieterstrom und Wechsel in die Grundversorgung
Anwendungsfall: AHB 2.1 - 5.4.2.3
Wenn ein Mieter aus dem Mieterstromsystem austritt, erfolgt eine kontrollierte Überführung in die Ersatz- oder Grundversorgung (EoG). Der Ablauf ist ebenfalls vollständig standardisiert:
- Abmeldung der Marktlokation: Der Lieferant meldet die Marktlokation des Mieters ab. Dies erfolgt über eine UTILMD-Nachricht. Die sogenannte „ruhende Marktlokation“ wird vom Netzbetreiber aus der bestehenden Struktur gelöst.
- Bestätigung und Anpassung durch den Netzbetreiber: Der Netzbetreiber bestätigt die Abmeldung und passt die Lokationsbündelstruktur sowie die Berechnungsformel entsprechend an. Falls keine rechtzeitige Anmeldung eines neuen Lieferanten erfolgt, wird die Marktlokation automatisch der Ersatzversorgung zugeordnet.
- Übergang in die Ersatzversorgung: Der Netzbetreiber meldet den Zählpunkt für die Grund- oder Ersatzversorgung an, damit die Stromversorgung ohne Unterbrechung fortgesetzt wird. Gleichzeitig werden relevante Informationen wie Verbrauchsdaten und Abrechnungsinformationen an den Übertragungsnetzbetreiber und den Messstellenbetreiber übermittelt.
- Messlokation: Der Netzbetreiber aktualisiert die Konfiguration der betroffenen Marktlokation und teilt dem Messstellenbetreiber mit, “dass die ruhende Marktlokation und deren Messlokationen zukünftig wieder Messprodukte hat und somit Werte für diese ab dem Zuordnungsbeginn zu übermitteln sind”
Vorteile der Standardisierung
Die Einführung standardisierter Wechselprozesse bietet weitreichende Vorteile für alle Beteiligten:
- Zeitersparnis: Automatisierte Vorgänge verkürzen die Bearbeitungszeit.
- Geringere Kosten: Weniger manuelle Arbeit führt zu einer deutlichen Reduktion der Verwaltungskosten.
- Fehlerreduktion: Einheitliche Vorgaben minimieren das Risiko von Datenfehlern und Missverständnissen.
- Erhöhte Akzeptanz: Für Mieter und Betreiber wird Mieterstrom durch klar geregelte Abläufe noch attraktiver.
- Skalierbarkeit: Die einfachere Abwicklung erleichtert es Betreibern, neue Projekte umzusetzen.
→ Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen – eine davon ist die Komplexität der Datenformate. Marktkommunikation muss geübt sein und von allen Marktteilnehmern abgebildet werden können. Das UTILMD-Format setzt eine präzise Handhabung voraus und erfordert Schulungen für die beteiligten Parteien. Doch mit der Zeit wird es einfacher: Sind die Prozesse erst einmal etabliert und werden regelmäßig angewendet, wird auch der Umgang mit dem Format einfacher. Übung macht schließlich den Meister!
Warum sich Mieterstrom jetzt noch mehr lohnt:
Die Standardisierung der Wechselprozesse im Mieterstrom ist ein entscheidender Fortschritt. Sie reduziert nicht nur den administrativen Aufwand, sondern erleichtert es Betreibern, Projekte effizient zu skalieren. Die Einführung von Smart Metern und einheitlichen Abläufen wird dafür sorgen, dass Mieterstrom nicht nur ökologisch, sondern auch organisatorisch noch zukunftsfähiger wird. Letztlich profitieren alle Beteiligten: Betreiber können wirtschaftlicher arbeiten, Mieter erhalten einen zuverlässigen und günstigen Zugang zu sauberem Strom, und die Energiewende wird beschleunigt. Diese Neuerungen schaffen Rückenwind für die nachhaltige Energieversorgung der Zukunft!
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